Ich sitze inmitten eines dunklen Zeltes, Scheinwerferstrahlen tanzen über die runde Bühne, während der verlockende Duft von frisch gemachtem Popcorn in der Luft schwebt. Die Erwartungen der Zuschauenden um mich herum sind greifbar, die Aufregung nahezu grenzenlos. Bis endlich die Zirkusdirektorin in Frack und Zylinder in die Manege tritt und tosender Applaus ertönt.
Viele von uns erinnern sich sicherlich noch aus der Kindheit an dieses magische Setting: Der Besuch im Zirkus! Ein Clown, dessen Scherze mal mehr, mal weniger lustig sind, die schwindelerregenden Kunststücke der Trapezartist:innen, Jonglagebälle die zum Takt der Musik durch die Luft geschleudert werden und vielleicht in dem ein oder anderen Zirkuszelt auch noch ein trauriger Löwe, der durch die Manege springt. Auch wenn letzteres glücklicherweise nicht mehr zeitgemäß ist, bleibt doch die Erinnerung an die Faszination für die atemberaubenden Bilder und Kunststücke der Artist:innen und das Gefühl, dass Unmögliches in dieser Manege möglich wird.
Heute erlebe ich diesen Zauber auf andere Art und Weise – der zirkuspädagogischen Arbeit mit unterschiedlichen Gruppen. Hier wird der Raum für Lernen und Entfaltung geschaffen, wobei es sowohl darum geht, individuelle Talente zu entdecken und zu fördern als auch in der Gruppe gemeinsam schöne Bilder zu schaffen und Geschichten zu erzählen.
Zirkuspädagogik kann mit kleinen Elementen und Requisiten in den unterschiedlichsten Umgebungen umgesetzt werden – sei es in der Turnhalle, im Klassenzimmer oder im Freien. Dabei geht es nicht nur um das Erlernen artistischer Fähigkeiten, sondern auch um die bewusste Wahrnehmung des Raums und der Gruppe. Die Teilnehmenden lernen, ihre Umgebung und ihre Mitmenschen achtsam wahrzunehmen und miteinander zu interagieren.
Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden spielerisch und kreativ gefördert. Durch die gezielte Integration von Zirkuselementen entstehen einzigartige Lernumgebungen, die wichtige soziale, motorische und kognitive Fähigkeiten vermitteln, sowie Raum für Kreativität schaffen. Darüber hinaus können thematische Schwerpunkte gesetzt werden, sodass z.B. gesellschaftspolitische Themen, anders als in der Bildungsbranche oftmals üblich, auch mithilfe des Körpers künstlerisch behandelt werden können.
So wird die Manege nicht nur zum Ort des Staunens, sondern auch zum Raum für persönliche Entwicklung und gemeinsames Lernen.