Team-Coaching und politische Bildung

Bei einer Fortbildung zum Thema Systemisches Team-Coaching konnte ich mich daran freuen, welche große Nähe Coaching und politische Bildung zueinander haben – auch wenn das erst einmal gar nicht auf der Hand zu liegen scheint. Nicht ohne Grund haben wir bei polyspektiv neben der politischen Bildung als weiteres Standbein die Prozessbegleitung entwickelt.
Gerade in Zeiten großer politischer Verunsicherung und Zuspitzung zeigen sich die gemeinsamen Grundlagen deutlich:
Wichtig ist beim Systemischen Coaching, zunächst eine Atmosphäre des Vertrauens und eine Anerkennung für grundlegende gemeinsame Werte zu schaffen sowie die Stärken der Beteiligten in den Blick zu nehmen. In der Folge können gemeinsam das Ziel geklärt und ein Prozess verabredet werden.
Die politische Bildung funktioniert wie das Coaching nur schwer ohne Systemvertrauen (hier das politische System, dort das Unternehmen oder die Abteilung), grundsätzliche Anerkennung des Ziels (ein demokratisches Zusammenleben stärken hier und ein produktives kooperatives Zusammenwirken dort) und Bereitschaft zur Beteiligung. Gerade dieses Systemvertrauen ist aber aktuell keine Selbstverständlichkeit mehr.
Zentral ist dann, dass im Coaching-Prozess jede beteiligte Person ihre individuelle Perspektive einbringen kann – polyspektiv eben – dies gilt in der Demokratie wie im Coaching. So lassen sich gemeinsam Lösungsmöglichkeiten ergründen. Als Coaches wie als Moderator:innen in der politischen Bildung kann dies gelingen, wenn wir im richtigen Moment empathische und kluge Fragen stellen, um Denkprozesse zu initiieren und zu begleiten, die zu gemeinsamen Lösungswegen führen. Für das Ergebnis müssen dann alle Teilnehmenden Verantwortung übernehmen – als Bürger:innen in der Demokratie bzw. als Mitarbeiter:innen beim Coaching). Nur dann lassen sich nachhaltige Gefühle der Zugehörigkeit und der gemeinsamen Wirksamkeit erzielen – Empowerment statt paternalistischer Führung.
All dies in der Realität des Unternehmens- und Schulalltags umzusetzen – darin besteht die Kunst: gleichzeitig Freiraum und Orientierung zu geben und so Beteiligungsprozesse zu motivieren. Wie viel Erfahrung und Sensibilität es braucht, um beim Coaching im richtigen Moment die richtigen Fragen zu stellen, das hat mich sehr nachdenklich gemacht und sehr fasziniert. Das ist nicht nur eine Frage des Handwerkszeugs, sondern auch eine Frage der Haltung. Dies im Kreise vielfältig erfahrener und kluger Menschen bei einer Fortbildung zu reflektieren, gibt mir neue Inspiration – sowohl für unser Projekte in der Prozessbegleitung wie auch in der politischen Bildung.